HOMOGEN – Mord in Straden Teil II

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HOMOGEN“ – oder die Geschichte des Stradner Ortsbankiers der spurlos verschwindet. Besonders seltsam mutet dabei an, dass auch der Vatikan Interesse an dem Mann zu haben scheint. Wie das alles zu einem Handwerksmeister der etwas anderen Art passt und gleichzeitig mit Monsignore Rangls Racheplänen am Kirchenstaat korreliert, erzählt der gut 300 Seiten starke zweite Band der Serie „Mord in Straden“.  Wie im Vorgänger „HUMUS“ spielen dabei auch im aktuellen Werk neben frei erfundenen Protagonisten,  „reale Strodna“ kleine Nebenrollen. Erzählt wird die Geschichte erneut aus drei unterschiedlichen Perspektiven, was geradezu einlädt, dem Mörder über die „Schulter zu schaun“…..

Vorgestellt wird der zweite Teil der Saga rund um Stradens Antihelden Prälat Mauritz Rangl am Samstag, den 04.10.2014 im Kulturhaus Straden. Wer keine Zeit findet der Buchpräsentation in Lese- u. Theaterform samt anschließendem unplugged Konzert der Indie-Rock-Band FACELIFT beizuwohnen, ist herzlich eingeladen, den Band im regionalen Buchhandel oder bequem per Post über den Onlineversand des LEYKAMverlags zu erwerben. Gewidmete Exemplare können über office@myndshag.at geordert werden.

Um schon sich schon einmal vorab einen kleinen Eindruck schaffen zu können – eine kurze Lesprobe vorweg:

Erfolg ist Bestimmung des Stärkeren – eine Weisheit, die ihm sein alter Herr, seit er sich erinnern konnte, eingetrichtert hatte. Wer Erfolg hat, hat immer Vorfahrt, ist unantastbar. Erfolg gibt nicht Recht, Erfolg ist Recht – und Alexander Rumaiter hatte viel davon. Als Geschäftsführer der Lagermoosbank Straden war er der inoffizielle Bürgermeister der Gemeinde. Die Großbank war eine der ältesten christlichen Genossenschaftsbanken des Landes und hatte ihr Einfluss und Filialnetz über ganz Europa erstreckt. Es gab keinen Unternehmer mit konkurrenzfähiger Kreditlinie, keinen Bauern mit wettbewerbsfähigen Landmaschinen oder auch nur einen Häuslbauer mit Frankenkredit, der nicht an seinem Schreibtisch, er nannte ihn liebevoll Schafott, hätte Platz nehmen müssen. Mit dem Bürgermeister verhielt es sich da nicht anders. Seit dieser scheidungsbedingt sein Elternhaus hatte belehnen müssen, war Rumaiter Gemeinderatsmitglied und konnte sich in dieser Funktion nun auch formell mit dem Bürgermeister verabreden, ohne beweiskräftig der verdeckten Einflussnahme bezichtigt werden zu können.

Als er an jenem Dienstag die Einfahrt zu seinem elterlichen Gehöft passierte, war er besonders guter, fast euphorischer, Laune. Aus der Sixtinischen Kapelle war weißer Rauch getreten, die Liveberichterstattung dazu hatte er untertags über Bibel-TV verfolgt. Des Weiteren hatte er bei der Gemeinderatssitzung eine weitere Schuldenstundung zugunsten der Mietrückstände des hiesigen ARBÖ-Stützpunkts verhindern können. Die damit einhergehende Klage der Gemeinde würde den Untergang des letzten lokalen Schutzhafens linkerVerkehrsenthusiasten stoppen. Rundum ein guter Tag – für ihn, Jesus und Lagermoos.

Schwungvoll öffnete er die Wagentüre seines Mercedes. Ein dumpfes Pochen, kurzes Aufjaulen und leises Winseln waren die Folge. Laura, seine Labrador-Retriever-Hündin, lag etwas benommen neben ihm.

Dreckshund!“, entfuhr es ihm. Besorgt inspizierte er die Wagentüre. Wenigstens hatte der Lack keine Schäden davongetragen. Wäre ja noch schöner gewesen. Nicht nur, dass die Töle das Einzige geblieben war, worauf seine Frau bei der Scheidung keinen Anspruch erhoben hatte. Nein. In letzter Zeit hatte auch ihr Jagdeifer nachgelassen, was die Frage aufwarf, ob die Fressmaschine denn überhaupt noch von Nutzen wäre. Er gab der Hündin einen Tritt, um die Schwere ihrer Verletzung zu überprüfen. Würde sie aufstehen und fortlaufen, müsste er den Köter wohl noch länger ertragen, würde sie liegenbleiben, könnte er sie möglicherweise sofort erschießen, ohne Probleme zu bekommen. Laura humpelte davon.

Was soll’s, man kann nicht immer Glück haben“, murmelte er vor sich hin, während er in Richtung der Eingangstüre seines Elternhauses schlenderte. Aus Kostengründen hatte er sich vor Jahren gegen den eigenen Hausbau entschieden. Ein Umstand, den er bis heute nie bereut hatte, hätte er doch den Anteil seiner Exfrau auslösen müssen. So aber hatte der Drachen nur ein paar Möbelstücke bekommen – Haus und

Grundstück gehörten schließlich seinem Vater und waren damit nicht Teil des gemeinsamen Besitzes gewesen. Seine Mutter öffnete ihm die Türe.

Wortlos, zur Begrüßung kurz nickend, ging er sogleich ins Esszimmer. Ein Blick in den Kochtopf genügte, um festzustellen, dass es Gulasch gab. Schon wieder. Die 72-jährige Frau hatte ihre kreativsten Zeiten schon hinter sich gelassen, aber gut, zumindest lag sie ihm nicht auf der Tasche. Während sie sich schweigend zu ihm an den Tisch setzte, überlegte er, was sein Vater seinerzeit wohl an ihr gefunden haben mochte. Alte Fotos bewiesen, dass sie nicht gerade die Schönste ihrer Zunft gewesen war. Auch als Arbeitskraft, für Männer generell und Bauern im Speziellen wichtig, hatte sie niemals getaugt. Zumindest betonte das sein Vater bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Nein, obwohl seine leibliche Mutter, konnte er ihr wenig bis gar nichts abgewinnen.Vielleicht, weil sie ihn bei der Geburt fast hatte sterben lassen, vielleicht, weil er mit ihrem schwachen Wesen nichts anfangen konnte – unterm Strich stand sie stellvertretend für all das, was er im Tiefsten seines Inneren verabscheute.

Für ihn gab es zur mütterlichen Misere nur eine Erklärung – sie war eine göttliche Prüfung. ‚Du sollst Vater und Mutter ehren‘, sagte die Bibel. Sie schrieb einem ja Gott sei Dank nicht vor, dass man sie lieben muss, seine Mutter. Sie zu ehren, also deren Aushalten ohne öffentliche Beleidigungen, würde genügen.

Und Xandi, was hältst vom neuen Papst?“, die Mutter durchbrach die Stille.

Wird nicht viel anders sein als der Wojtyla. Vielleicht straffer organisiert, ein Germane eben, nur dass sein Einmarsch in Polen beklatscht wird“, antwortete der Banker lauthals lachend, ehe er fortfuhr: „Geh Mama! Sei nicht so ernst! Wer Leiter der Glaubenskongregation war, ist ein ehrlicher Vertreter christlicher Werte. Der wird schon nicht jedem Oaschpudara die Heirat erlauben.“

Das betretene Schweigen seiner Mutter störte ihn nicht im Geringsten. Ihr Schweigen war die Form von Gnade, die ansonsten nur das göttliche Paradies versprach. Als er das Abendessen beendet hatte, nickte er ihr kurz zu und verließ Küche und Elternhaus. Während er den Hof überquerte, Laura hatte sich dankenswerterweise in den Stall verzogen, bemerkte er den Paragleiter über sich.

Es musste dieser unsägliche Steinberger sein, von dem alle sprachen. Irgendwie schaffte es der Bursche immer wieder mit seinem Gleitgerät die Thermik so zu nutzen, dass er von Graz bis nach Straden fliegen konnte. Das alleine wäre ja noch zu tolerieren gewesen, würde er nicht ständig in den Gärten der Stradner landen und damit Blumenbeete ruinieren. In einem großen Bogen schwang sich der freche Kerl zu einer Landung inmitten des Mohnblumenfeldes herab. Wutentbrannt lief der Banker in sein Haus, entsperrte den Waffenschrank, lud seine Jagdflinte durch. Nicht mit ihm. Nicht in seinem Feld. Er würde ihm gehörig was vor den Latz knallen, ihm einen Schrecken verpassen, der sitzen würde. Vor Anstrengung hustend, lief er zwischen Stallungen und Privathaus hindurch auf das Feld zu, die Waffe im Anschlag. Doch gerade als er auf ihn beziehungsweise den Baum neben ihm anlegen wollte, sprang der Jungspund auf den Rücksitz eines herbeigerasten Fahrzeuges. Wieder nichts, wieder keine Lektion erteilt, wieder nicht auf frischer Tat ertappt. Ärgerlich, dieser Steinberger.