Verschobene Machtachsen & Anna Fenninger

HeiligerRangl

Die Welt ordnet sich neu, Europa geht im Gestern des Nationalstaatenwahns unter und in Östereich ist alles gut, so lange die SkifahrerInnen Saison haben….

Abgesehen davon haben wir mit der Ukraine, auch ohne atomare Störfälle, einen Konflikt vor der Haustüre, der in Sachen Flächenbrandgefahr frappante Ähnlichkeit zu 1914 aufweist. Mit den USA gibts eine wankende Supermacht die seit 9/11-Afghanistan/Irak und der Lehmann-Pleite  keine mehr ist. Lehmann deshalb, weil es symptomatisch für die dauerhafte Unfinanzierbarkeit eines Imperiums steht, das zuerst überall mitmischen wollte, dann konnte, später musste und schließlich scheiterte. Die USA haben seinerzeit ein Weltreich erschaffen. Motto: Freedom für alle und mehr für uns! Sie haben aus der Geschichte gefallener Hegemonialmächte gelernt,

  • dass man Länder nicht kolonialisieren muss, um sich exklusiven Ressourcen-Zugang zu sichern, es genügen Marionettenstaaten. Kostenkontrolle!
  • dass man neben dem Zugang zu Öl vor allem die Handelswege aufbauen, schützen u. kontrollieren muss. Handelskontrolle!
  • dass man mit günstig importierten Rohstoffen eine schlagkräftig  Binnenindustrie aufbaut die man  in unterwickelte Märkte transportiert. Wertschöpfungskontrolle!
  • dass man ein globales Währungssystem einführt in dem der wichtigste Rohstoff der Welt abgwickelt wird u. Inflation exportiert werden kann! Monetäre Kontrolle!
  • dass man darüber hinaus ein gemeinsames Finanzsystem braucht um die so gewonnen wirtschaftliche Power im System arbeiten zu lassen! Finanzkontrolle!
  • dass geopolitische Ziele starke/willige Partner und Allianzen (divide et impera), vor allem aber ein starkes Feindbild brauchen. Die Sozialisierung der Angst eint das Wertebewusstsein. Herrschaftskontrolle!
  • dass überragendes militärisches Potenzial als konzentrierte Speerspitze eigener Interessen aufgebaut und eingesetzt werden muss! Militärische Kontrolle.

Greifen all diese Komponenten ineinander, funktioniert die Supermacht. Hart formuliert, müssen die Systemkosten (Krieg, Wohlfahrt, Gesundheit, Schutz etc.)  immer niedriger ausfallen, als der Systemertrag (gesellschaftlicher Frieden, Jobs, Wertschöpfung, Wohlstand etc.) Denn nur verteilter Gewinn/Überschuss macht dauerhaft glücklich. Ein System ohne mehrheitlich wahrgenommenen Profit (Wohlstand, Frieden, Entfaltung etc.) ist zum Scheitern verurteilt. Ein System, das für die USA bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts gut funktioniert hat.

Plötzlich aber, was natürlich falsch ist da nur zeitverzögert, erleben wir eine Systemumkehr. Die Kosten übersteigen den Nutzen. Die zwischen 1918 und 1950 gezogene Herrschafts- und Ressourcenverteilung im gesamten Nahen Osten kommt ins Wanken. Der Iran, ehemals britisch dann mittels Schah durch die USA kontrolliert, war die erste Delle. Später folgen der IRAK (trotz Hussein-Sturz) und auch das Haus Al Saud macht seit OPEC-Gründung nicht mehr alles mit. Dazu kamen wirtschaftlich sinnlose Kriege in Vietnam und Korea. Letzterer brachte eine dickes Kind mit Atombombe und die Kosten für ein 30.000 Mann Heer in Südkorea. Weitere Dellen, aber kein Beinbrauch! Daneben destabilisiert seit den 90er Jahren die Verteidung des israelischen Verbündeten den Nahen Osten zusehends. Und sie kostet! Spätestens seit den politischen Umstürzen in Nordafrika mehr Geld als sie seinerzeit im Sinne der regionalen Strukturerhaltung (politisch, militärisch, wirtschaftlich) einbrachte. All das schwächte die Wirtschaftsleistung, die Produktivität, wohingegen die Militärausgaben explodierten. Ergebnis sind horrende System-/Staatschulden die eine Aufrechterhaltung der Machstrukturen langfristig unmöglich machen, politisch- und gesellschaftliche Unruhen im Apparat inklusive. Kosten übersteigen Nutzen – ein System kollabiert.

Dazu das aufstrebende China. Auch so ein Land, das „US-Werte“ (Demokratie u. Unterordnung) nicht bedinungslos übernehmen will. Da Wirtschaft immer schon entschieden hat, wer „oben auf“ ist, haben die Chinesen genau das forciert. Was früher die Briten (u. ihre Kolonien) und bis ca. 1980 die  Amerikaner waren, sind heute die Chinesen. Die Fabrik der Welt. Dazu braucht es billige Rohstoffe, die vornehmlich aus Afrika (Kenia, Nigeria, Angola) und Russland kommen. Dabei hat man eigentlich den Westen kopiert.  Motto in Afrika: Man verbünde sich mit korrupten Herrschern, baue ihnen „kostenlose“ Infrastruktur und sichere sich die Ausbeutungsrechte für 99 Jahre. Nichts anderes haben Briten und Amerikaner anfangs des 20. Jahrhunderts mit den Golfstaaten gemacht. Dazu bekommen auch die Chinesen langsam ein Gefühl für den Nutzen von „Soft Power“. Jeder geschaffene Arbeitsplatz vor Ort, jeder Fußballplatz der gesponsert wird, dient dem Bild des „loyalen Partners“.

Als angehende Supermacht, muss man seine Waren natürlich auch an den Mann bringen – deswegen die militärische Präsenz der Chinesen, die vom südchinesischen Meer über Sri Lanka (wo dank chinesischer Hilfe mit Colombo Port City eine der leistungsfähigsten Seehäfen der Welt gebaut wird) bis nach Kenia reicht. Die Wiederbelebung der sogenannten Seidenstraße als globale Haupthandelsroute zur See (China-Indien-Afrika) und zu Lande (China-Russland-Türkei) bringt Handelskontrolle. Mit Russland und Afrika hat man Energielieferanten die im Gegenzug chinesische Waren erhalten. Waren, die am Ende des Tages die Wertschöpfung und somit den Wohlstand einer Nation bestimmen. Und solche Wohlstandskooperationen schweißen zusammen. Zu beobachen am geopolitisch koordienierten Verhalten der neuen Mächte (China, Russland, Türkei, teilw. Indien)! Dass in Obamas aktueller Verteidigungsdoktrin der Asiatisch-Pazifische-Raum bzw. die ASEAN-Staaten die wichtigste Rolle spielen ist klarer Indikator für die aktuelle Verschiebung globaler Machtachsen!

 

Spieglein

Und was macht Europa? So ziemlich das Gleiche wie Österreich, es wartet und erfreut sich an den Anna Fenningers dieser Welt.

Es (er)wartet, dass sich die USA zu Europa bekennen und irgendetwas für uns tun. So etwas wie die Landung in der Normandie damals, etwas Gutes. Nur passiert das eben nicht. Europa wurde in den 1950er Jahren als Bollwerk gegen den sowjetischen Imperialismus aufgebaut. Der dritte Weltkrieg, war man sich einig, würde auf dem Schlachtfeld des heutigen Deutschlands entschieden werden, Wasserstoffbomenzündung über Deutschland (=Plan der USA) inklusive. Falls es nicht dazu kommen würde, hätte man immer noch einen starken Verbündeten und von dessen Wiederaufbau wirtschaftlich profitiert. Nur zu stark sollte dieser natürlich nicht werden. Spätestens mit dem Euro haben wir uns unbeliebt gemacht. Ein starker Euro wäre das Ende globalisierter amerikanischer Verschuldungspolitik. Deswegen kann man den USA ja vieles vorwerfen, aber sicherlich keine Passivität in der Durchsetzung ihrer Interessen (ob legitim oder nicht)! Wenn eine neue Weltordnung entsteht, sollte man doch wenigstens versuchen ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Europa(s Nationalstaaten) aber verlässt sich darauf, dass am Ende des Tages irgendjemand freiwillig seinen hart erkämpften Anteil mit uns teilen wird. Warum das jemand tun sollte? Keine Ahnung, jedenfalls nicht weil man uns als moralische Weltinstanz anerkennen wird!

Anstatt sich also von USA und NATO instrumentalisieren zu lassen, hätte man der Ukraine vielleicht keinen Assoziationsvertrag anbieten sollen, der einen defacto Einstieg ins Nordataltanische Verteidungsbündnis beinhaltet. Putin ist vieles, aber nicht unberechenbar. Ein Mann, irgendwo zwischen Zar und Stalin angesiedelt ist, würde nie einen von europäisch/amerikanischer Seite angzettelten Staatsstreich in einem Land, das seine Schwarzmeerflotte beherbergt, akzeptieren. Und so hat man einem tendenziell paranoiden Narzissten, der sein Volk lieber in den Tod schicken würde als Macht einzubüßen, jemanden der genau dieses Volk seit über 10 Jahren systematisch gegen den Westen aufhetzt und damit für potenzielle kriegerische Maßnahmen eint,  solch einem Mann hat man sprichwörtlich die Pistole an die Schläfe gesetzt……sehr clever!

Aktuell haben wir (nur) einen lokalen Krieg und können hoffen, dass sich dieser nicht ausweitet. Eine Strategie dazu wäre es aber allemal, sich Russland als engen (Wirtschafts)Partner und nicht als Feindbild ins Boot zu holen. Die Einstellung von „Southstream“ wird das Unterfangen nicht leichter machen….aber wir haben ja noch Anna Fenninger!

Ihr/Dein

Michael Nehsl

 

You may also like...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>